IS-Terroristen nehmen China ins Visier

Chinas Uiguren sind anfällig für die Ideologien terroristischer Gruppen.

In einem Lied auf Mandarin ruft der sogenannte Islamische Staat zu den Waffen. Hunderte Uiguren (Uyghuren) sollen (angeblich) sich mit falschen Pässen nach Syrien abgesetzt haben.

Hypnotisch, zum Mitsingen animierend klingt die Melodie. „Wir sind Mudschahid“, säuselt ein Mann ins Mikrofon. „Auf dem Kampffeld zu sterben ist unser Traum.“ Auf der Suche nach Rekruten hat der Islamische Staat (IS) seine Fühler in die entferntesten Winkel der Erde ausgestreckt – vermehrt auch nach China. Nur zwei Wochen nach der Exekution einer chinesischen Geisel verbreitete das al-Hayat-Media-Center, der Propaganda-Arm des IS, am Sonntag ein

In dem „Naschid“ fordert die Miliz ihre „muslimischen Brüder“ auf, „zu erwachen“ und „zu den Waffen zu greifen“. Es ist ungewöhnlich für den IS, Rekrutierungsmaterial auf Chinesisch zu veröffentlichen. China selbst ist jedoch seit Längerem im Visier der Jihadisten. Bei seiner ersten öffentlichen Rede im Juli 2014 listete IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi China als eines der Länder, in denen Muslimen die Rechte gewaltsam entzogen würden – China stand ganz oben auf der Liste.

IS findet vor allem in Xinjiang (Uyghuristan) Anhänger

Auf fruchtbaren Boden stoßen die islamistischen Ideen vor allem in Xinjiang (Uyghuristan) . In der westchinesischen Provinz häufen sich Unruhen und Anschläge. Peking macht dafür die (angebliche) radikalislamistische Bewegung East Turkestan Islamic Movement (ETIM) verantwortlich und geht unter dem Mantel der Terrorbekämpfung hart gegen Uiguren (Uyghuren) in Xinjiang (Uyghuristan) vor. Kritiker führen die Gewalt der muslimischen Minderheit mit türkischen Wurzeln aber auf eine zunehmende staatliche Unterdrückung zurück.

Unter Beobachtern herrsche zudem die Meinung vor, dass ETIM nicht mehr existiere, sagt Moritz Rudolf vom Berliner Merics-Institut. Radikalisierte Uiguren (Uyghuren) organisierten sich nicht in einer einzelnen Organisation, sondern seien in transnationale terroristische Strukturen eingebunden, erklärt Rudolf. So arbeiteten Einzelpersonen nicht nur mit dem IS zusammen, sondern hätten etwa Verbindungen zu al-Qaida. In Einzelfällen seien Uiguren (Uyghuren)  auch von der indonesischen Islamistenmiliz Mudschaheddin in Timor ausgebildet worden, sagt der Jurist.

Für die Anziehungskraft des IS in China gibt es mehrere Anhaltspunkte: Im März berichtete der Parteichef Xinjiangs (Uyghuristan), dass Bürger illegal ausgereist seien, um sich den Islamisten anzuschließen. Die meisten hätten versucht, sich mit gefälschten türkischen Pässen über die Grenze zu schmuggeln. Rund 300 Chinesen kämpften an der Seite des IS, schrieb das Propagandablatt „Global Times“ im Jänner.

China hat kein Interesse an Militäraktion

Beweise für uigurische Kämpfer in ihren Reihen lieferte die Terrormiliz im Juli sogar selbst. Sie veröffentlichte ein Propagandavideo auf Uigurisch, in dem ihr wohl ältestes Mitglied zu sehen ist: Mit faltigem Gesicht, weißem Rauschebart und Sturmgewehr lächelt der 80-jährige Muhammed Amin in die Kamera.

Als Reaktion auf das IS-Propagandalied forderte Peking einmal mehr eine engere internationale Kooperation gegen den Terror. Eine militärische Beteiligung Chinas an einer Anti-IS-Koalition sei jedoch unwahrscheinlich, sagt Rudolf. China habe wirtschaftlich an den vom IS besetzten Gebieten in Syrien und im Irak kein Interesse. „Das Symbol separatistischer Uiguren  (Uyghuren) ist für die Stabilität des Staates eine größere Gefahr als gewisse Leute in Syrien“, meint Rudolf. Peking werde zuerst vor seiner eigenen Haustür kehren.

 

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Quelle: http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4884028/ISTerroristen-nehmen-China-ins-Visier?_vl_backlink=/home/politik/aussenpolitik/index.do

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