Wer ist die chinesische Minderheit (Uyghuren) +++ ihre Ziele +++ ihr Kampf
Attentat in China Unbekannte attackieren Passanten mit Messern
Die Behörden sprachen von einem Terror-Akt
Peking – Es ist eine Spirale der Gewalt. Die Motive für das Blutbad im Bahnhof von Kunming mit 33 Toten liegen zwar noch im Dunkeln – aber die Tragödie wird die Spannungen zwischen Uiguren und Chinesen weiter verschärfen.
Das Gemetzel im Bahnhof der Metropole Kunming in Südwestchina wirft viele Fragen auf. Chinas Regierung sieht uigurische Separatisten aus dem weit entfernten Xinjiang am Werk. Sollte sich ihr Vorwurf bestätigen, wäre das Blutbad eine deutliche Eskalation der Gewalt – eine Radikalisierung uigurischer Kräfte.
Wer ist die chinesische Minderheit?
Das muslimische Volk der Uiguren ist mit den Türken verwandt. Sieben bis acht Millionen leben im Nordwesten Chinas. Peking verleibte sich 1955 das ehemalige Ost-Turkestan als „Autonome Region Xinjiang“ ein und siedelte dort Han-Chinesen an. Politisch, kulturell und wirtschaftlich sehen sich die Uiguren benachteiligt und kämpfen für ihre Rechte.
Menschenrechtsgruppen werfen Chinas Behörden vor, die Uiguren zu unterdrücken. Es gebe Massenverhaftungen, Folter und Todesurteile.
Seit Mitte der 1990er Jahre wurden laut Amnesty International mehr als 3000 Uiguren festgenommen und mehr als 200 hingerichtet. Peking macht uigurische Separatisten für Anschläge mit vielen Toten verantwortlich.
Als muslimisches Turkvolk genießen die weltweit rund zehn Millionen Uiguren keineswegs die gleichen Sympathien in der Weltöffentlichkeit wie die buddhistischen Tibeter. Deren religiöses Oberhaupt, der Dalai Lama, gilt vielen als Sinnbild für Friedfertigkeit.
Um Peking nach den Anschlägen am 11. September 2001 in New York im Kampf gegen den Terror an Bord zu holen, hatten die USA auf Drängen Chinas eine kleine, damals wenig bekannte „Ostturkestanische Islamische Bewegung“ (ETIM) als Terrorgruppe anerkannt.
Seither scheinen Chinas Behörden uigurische Aktivisten, die sich gegen Benachteiligung in Xinjiang auflehnen, gerne mit dem Stempel ETIM in die Nähe des Terrors zu rücken. Dabei ist die ETIM nach Angaben westlicher Experten seit 2001 nicht mehr in Erscheinung getreten. Uiguren hätten wenig Sympathie für radikalen Islam.
Allerdings haben sich die Spannungen seit den blutigen Zusammenstößen zwischen Uiguren und Han-Chinesen 2009 deutlich verschärft, bei denen rund 200 Menschen in Xinjiang ums Leben gekommen sind.
Reaktion der Exil-Uiguren
Im Ausland lebende Uiguren distanzierten sich sofort von dem aktuellen Blutbad und sprachen den Familien der Opfer ihr Beileid aus. Ein Sprecher des Weltkongresses der Uiguren forderte eine transparente Aufklärung der Bluttat. Er warnte davor, dass das Verbrechen als Vorwand für neuerliche „Unterdrückung und Diskriminierung“ benutzt werden könnte.
Nach dem Blutbad rollte schnell eine Welle von scharfen Reaktionen in Chinas Staatsmedien los. Den Terroristen müssten mit „Null Toleranz“ streng bestraft werden. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua sah einen „Wandel in der Angriffsstrategie“, weil die Separatisten sonst eher Symbole der Regierung wie Polizeiwachen und Behörden angegriffen hätten, aber diesmal auf einfache Bürger losgegangen seien.
„Die große Mehrheit der Uiguren setzt sich friedlich für die Anerkennung ihrer Menschenrechte und grundlegenden Bürgerrechte ein“, betont Asien-Experte Ulrich Delius von der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Er fürchtet: „Die Tragödie in Kunming wird den Kreislauf der Gewalt in Xinjiang weiter anheizen.“ So plane die Autonome Region neue Antiterrorgesetze. Schon heute werden in Xinjiang mehr Menschen wegen „Gefährdung der Staatssicherheit” vor Gericht gestellt als anderswo in China – „und in unfairen Strafverfahren zu langjährigen Haftstrafen verurteilt“, so Delius.
Vergangene Woche wurde Anklage wegen „Separatismus“ gegen den Pekinger Wirtschaftsprofessor Ilham Tohti erhoben, der als gemäßigte und prominenteste Stimme der Uiguren in China gilt. Ihm droht lebenslange Haft.
„Ohne mehr Rechte für Uiguren und ohne einen Dialog der ethnischen Minderheit mit der chinesischen Regierung wird auch die Gewalt nicht enden“, sagt Asien-Experte Delius.
http://www.bild.de/news/ausland/attentat/waren-es-die-uiguren-34902050.bild.html